Sehr geehrter Herr Vorsitzender,
liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Bürger:innen,
der Rodgau Haushalt liegt vor und weist trotz schwieriger Zeiten kein Defizit aus. Im Gegensatz zu vielen anderen Kommunen im Kreis Offenbach verzeichnet Rodgau für 2024 sogar einen Überschuss.
Grundlage für dieses positiven Ergebnis mit dem kleinen „Polster“ ist die Anhebung der Grundsteuer und die Erträge aus der Gewerbesteuer.
Beides ist auf die frühere Mehrheit zurückzuführen, die auch die Rahmenbedingungen für das lokale Gewerbe verbessert hat.
Den gestrigen Antrag der FDP, die Gewerbesteuer zu senken, haben wir gestern aus unterschiedlichen Gründen abgelehnt.
Die Ausgaben – die so genannten Aufwendungen – bieten wenig Spielraum. Die höchsten Kostenblöcke entstehen durch die Kreisumlage und die Schulumlage (insgesamt 48 Mio€) – und die Personalkosten (35 Mio€) für die insgesamt 874 städtischen Mitarbeiter:innen.
Trotz dieser Ausgaben ist die wirtschaftliche Situation von Rodgau nicht schlecht. Man könnte sogar sagen: Rodgau prosperiert.
Denn Rodgau ist eine junge Stadt. Nicht nur deshalb weil der Zusammenschluss der fünf Gemeinden erst 45 Jahr her ist, sondern weil junge Familien nach Rodgau ziehen und weil Rodgau Potenzial hat, sich zu entwickeln.
„Die demographische Entwicklung der Stadt Rodgau ist seit mehreren Jahren ungebrochen positiv.“ So steht es in einem der vielen Konzepte, die Seitens der Verwaltung – und durchaus in unserem Auftrag – erarbeitet werden. (Nachzulesen im ISEK „Zwischen Rodgau und Rodgausee, Frankfurt 2018)
Die positiven Weichen wurden schon vor Jahren in der Kooperation zusammen mit Bürgermeister Hoffmann gestellt. Die Initialzündung für die Attraktivität von Rodgau wurde meines Erachtens 2011 – also vor 13 Jahren – mit den kostenfreien Kindergärten gestartet und zwar mit drei Kindergartenjahre vor der Einschulung. Das war ein Novum. Die CDU war dagegen. Sie war der Meinung, das letzte Jahr vor der Einschulung und ein halber Tag reicht. Heute gibt es keinen Zweifel mehr daran, dass die Vorbereitung auf die Schule für Kleinkinder wichtig ist – um in Gemeinschaft zu spielen und soziales Miteinander zu lernen. Genauso klar ist heute, dass Bildung schon bei den Kleinsten anfängt und nicht vom Geldbeutel der Eltern abhängen sollte. Der unter Stadtrad Schüßler erfolgte Ausbau der Kita-Plätze ist ein wesentlicher Baustein für die Attraktivität Rodgaus für junge Familien.
Als Kommunalpolitiker und Kommunalpolitikerinnen sind wir der Zukunft verpflichtet. Wir müssen kommunalpolitisch mit Weitsicht Prioritäten setzen. Das haben wir in den vergangenen Jahren in der Kooperation getan und in intensiven Diskussionen und im Ringen um die besten Antworten, wesentliche zukunftsweisene Initiativen ergriffen.
Wie z.B. bei neuen Baugebieten die Regenwasserversickerung in Hainhausen, oder das Blockheizkraftwerk in Jügesheim.
Leider gewinnen wir zunehmend den Eindruck, dass die innovativen Ideen bei der weiteren Umsetzung zunehmend auf der Strecke bleiben.
Das Baugebiet „Rodgau West“ war kein Anliegen der Grünen, aber eine gemeinsame Antwort auf den Wohnungsdruck. Eine deutliche Mehrheit in diesem Haus wollte die Entwicklung dieses Baugebiets. Wir haben uns dem nicht verweigert und in der Mehrheitskooperation mit der SPD durchaus zusammen mit der Fachabteilung der Verwaltung innovative Planungen voran gebracht. Rodgau West sollte ein zukunftsweisendes Baugebiet werden.
Was von der Zukunftsorientierung am Ende übrig bleibt, werden wir sehen. Schon jetzt werden Stück für Stück Abstriche gemacht und die Empfehlungen der Beratungsbüros ignoriert. Sicher wird es teuer. Aber es wird sowieso teuer.
Auch der geplante „Stadtumbau Dudenhofen“ – auch ISEK genannt, hat laufend Veränderungen erfahren. Der Titel der Drucksache lautet „Förderprogramm Wachstum und nachhaltige Stadterneuerung (Stadtumbau).“ Die aktuell vorgelegte Planung enthält neue Maßnahmen, die wir in Frage stellen. Andere fallen weg oder werden zusammengelegt.
Auch wenn von den förderfähigen Gesamtkosten von derzeit geschätzten 37 Mio€ 66% vom Fördergeber gezahlt werden sollen. – Ob das tatsächlich so eintritt, wissen wir derzeit nicht – Am Ende wird die Stadt Rodgau nach jetzigem Stand 17 Mio€ selbst finanzieren müssen.
Wir hätten uns zu den vorgesehenen Änderungen eine ausführlichere Beratung gewünscht.
Wir begrüßen und befürworten Bürgerbeteiligung. Uns interessiert die Meinung von Bürgerinnen und Bürgern zu geplanten Projekten. Austausch und Information unterstützen und begrüßen wir.
Die demokatische Verfassung der Kommune sieht allerdings vor, dass in den parlamentarischen Gremien beraten und am Ende auch entschieden wird. Neue Ideen – sei es aus der Verwaltung selbst oder durch Bürgerbeteiligung – sollten nicht dazu missbraucht werden bestehende Planungen auszuhebeln.
Wie bei der gestrigen Debatte zu den geplanten Maßnahmen in Dudenhofen bereits angemerkt, ist es für uns befremdlich, dass Mio € in bestehende Grünflächen – insbesondere am Badesee – investiert werden soll. „Nachhaltige Stadterneuerung“ stellen wir uns anders vor.
Dabei gäbe es viel zu tun. Die Offenbach Post stellt heute berechtigterweise die Frage, wo das Trinkwasser für die künftigen Baugebiete und damit Neu- Bürgerinnen und Bürger herkommen soll. Die „Nutzungsrechte“ des ZWO sind nahezu ausgeschöpft. Der ZWO hat zugesichert, dass er gemäß der Altverträge seinen Verpflichtungen nachkommt, aber darüber hinaus keine Wasserlieferungen zusagen kann. Wir haben dazu aktuell eine Anfrage gestellt, die die Tage auch beantwortet wurde.
Die Kommunen – wir sind nicht die einzigen – erhofft Antworten von den Wasserkonzepten, die der ZWO erarbeiten soll. Außerdem hofft man auf
zusätzliche Wasserlieferungen aus dem Hessischen Ried, die man mit einem dicken Fragezeichen versehen kann.
„Nachhaltige Stadterneuerung“ müsste Themen wie Entsiegelung und Versickerung stärker in den Fokus nehmen. Regenwasser, das in die Kanalisation fließt, ist für das Grundwasser verloren.
Auf der Website der Stadt Rodgau gibt es ein neues Tool das heißt „Geodatenportal“. Dort können sich Bürgerinnen und Bürger topografische Karten der Stadt, Bebauungspläne, Überschwemmungsgebiete und und auch Klimafunktionskarten mit den „Hotspots“ der Stadt ansehen.
Nach unserer Auffassung zählt das Projekt innerstädtischer Baumpflanzungen zu den zukunftsweisenden Maßnahmen, um Rodgau „klimaresilient“ zu machen. Deshalb sind wir auch der Auffassung, dass dieses Projekt fortgeführt werden sollte. Nach Mitteilung des Fachdienstes wurden in den letzten Jahren 576 neue Bäume und 116 Ersatzbäume gepflanzt. Wir danken der Verwaltung ausdrücklich für die Umsetzung. Da aktuell noch 291 geprüfte Baumstandorte zur Verfügung stehen, und im letzten Jahr nur ein kleiner Teil des Budgets bewirtschaftet wurde, setzen wir uns weiter für die Fortführung dieses Projekts ein.
Als wichtige Eckpunkte werden im Vorbericht zum Haushalt 2024 – neben den Großprojekten – einige weitere notwendige Ausbauprogramme (S. 18) aufgeführt. Unter anderem der „Umsetzungsbeginn für das Mobiliätskonzept“, der 2023 schon beginnen sollte. Aufgeführt ist der behindertengerechte Ausbau der Bushaltestellen. Allerdings ist uns nicht bekannt, was aus den Rodgauer Stadtbuslinien wird.
Dank der umsichtigen Grundsteueranhebung steckt die Stadt Rodgau nicht in einer finanziellen Schieflage wie manch andere Kommune im Kreis Offenbach. Die finanzielle Lage ist „noch“ gut.
Wir „waren“ auf einem guten Weg. Wir hoffen, dass die Zukunftprojekte nicht sukzessive „eingedampft“ werden.
Eigentlich müsste noch eine Schippe drauf gelegt werden. Wir sind skeptisch, ob das gelingt.
Der vorgelegte Haushalt weißt kein Defizit auf. Deshalb werden wir ihn nicht ablehnen.
Da keiner unserer Änderungsanträge angenommen wurde, stimmen wir auch nicht zu.
Haushaltsrede von Karin Wagner,
Fraktionsvorsitzende Bündnis 90 / Die Grünen zur
Einbringung des kommunalen Haushalts 2024
– Es gilt das gesprochene Wort –
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